Designdidaktik

Ein Projekt zur Förderung und Forderung einer Fachdidaktik für die Lehre des Design.

graue Literatur

„Design für einen Fachbereich Design“

Konzept für das Produktdesign in Kassel von 1995

Der alteingesessene universitäre Fachbereich und Studiengang Produktdesign war gezwungen die Dipl.-Prüfungsordnung von ca. 1980 zu ändern. Nach den üblichen ideologischen Grabenkämpfen wurde dann Grundlagenforschung betrieben:

  • Studie über Absolventen „Wer wurde was?“
  • Vortragsreihe ehemaliger Studenten zu der Frage „Was wurde gelernt und was wurde gebraucht?“
  • Szenarienentwicklung „Studienverläufe“
  • Exkursionen zu anderen Design-Hochschulen

Es bildete sich eine Kommission aus Professoren, Mitarbeitern*innen und Studierenden. Teile dieser Gruppe besuchte im Rahmen der Konzeptphase auf mehreren Reisen Designausbildungsstätten in Helsinki, Rovaniemi, Umeå, Stockholm, Göteborg, Århus, Kopenhagen und Prag.

Kernpunkte des endgültigen Konzeptes:

  1. Symmetrie der Ignoranz: kein Lehrer kann sagen, was der Student später braucht und Studierende lernen 70% von Kommilitonen. Daher muss das Studium als Lernort begriffen werden, indem die Lernenden Angebote erhalten, die sie selbstbestimmt nutzen. Heute ist dieses Konzept unter dem Begriff „forschendes Lernen“ bekannt. Dies wirkt sich jedoch unmittelbar auf Raum- und Werkstattbedarf aus.
  2. Kern der Disziplin ist „Entwerfen“ in Theorie und Praxis: jedes Fach braucht einen Kern der Selbstdefinition um entwicklungsfähig zu sein (z. B. neue Berufsbilder wie Mediendesign, Interfacedesign, Gamedesign, Servicedesign etc.) und eigene für andere Disziplinen wertvolle Inhalte zu generieren, auch um wehrhaft gegen Erodieren der Ränder zu sein (Marketing, Technik etc.).
  3. Individuelle Studienverläufe (Beispiele zeigen immer wieder, dass Designer die inneren Subdisziplinen sprengen) mit großen Freiheiten ermöglichen, aber enge Betreuung organisieren.
  4. BA / MA als forschungsorientierter Studiengang, dezidierten Übergang nach BA in Wirtschaft, kein automatisch-sukzessiver MA.

Auch wenn das Konzept vor Bologna als zu fortschrittlich nicht umsetzbar war, so war es doch später wegweisende Grundlage für die Erneuerung der Designausbildung in der Schweiz, die am Ende der 1990er Jahre einsetzte. Das Scheitern an der Hochschulverwaltung und den Nachbarfachbereichen, welche ein Zusammengehen in einer Kunsthochschule erzwangen, soll hier nicht weiter thematisiert werden.

Das damalige Konzept ist gut dokumentiert und nun hier als PDF abrufbar (ca. 12 MB):

Hans Dehlinger et al, Fachbereich Produkt-Design. (1996). Design für einen Fachbereich Design: Zusammenfassung der Veröffentlichungen des Fachbereichs Produkt-Design der Universität Gesamthochschule Kassel zu seiner Strukturplanung (Strukturplanung). Kassel: Fachbereich Produkt-Design, Universität Gesamthochschule Kassel. Retrieved from https://dd.guido-kuehn.de/wp-content/uploads/2017/06/design_fuer_einen_fachbereich_designb.pdf

Sollten Sie Fragen zum Konzept oder der Dokumentation haben, so seien Sie gebeten diese hier als Kommentar zu schreiben, oder per Mail an den Autor. Die Antworten werden hier eingearbeitet werden.

Philip Zerweck

Autor, Produktentwickler, Designlehrer und Designwissenschaftler

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