Designdidaktik

Ein Projekt zur Förderung und Forderung einer Fachdidaktik für die Lehre des Design.

Gedanken zur Designlehregraue Literatur

Gehaltsreport für Berufseinsteiger: Design

In diesem Artikel werden die Zahlen zu Gehältern – u. a. aus dem Gehaltsreport 2016 für Einstiegsgehälter für Absolventen*innen in Deutschland von StepStone – aus der Warte des Designs analysiert.

Wer noch nicht motiviert ist, sich mit den trockenen Fakten zu beschäftigen, kann sich erstmal in diesem Quiz warmspielen: „Wer verdient in Deutschland was – und wie gut kennst du dich mit Geld aus?“ (Das Fach Design kommt sogar wörtlich vor.) >>Quiz auf bento

Einstiegsgehälter für Designer*innen

Im weiteren Verlauf wird nur die maskuline Form verwendet. Einerseits im Sinne der Lesbarkeit, aber andererseits auch, da die hauptsächlich verwendete Literatur ausschließlich diese Form wählt. Tatsächlich nennt der Gehaltsreport, der hier als Grundlage dient, keinerlei Unterschiede zwischen den Geschlechtern, benutzt aber durchgängig nur das Maskulinum. Da er nicht auf die Unterschiede eingeht, ist nicht klar, ob es sich wirklich um das generische Maskulinum handelt, oder die Zahlen für ein spezifisches Maskulinum stehen, weil die Zahlen eventuell ausdrücklich die Gehälter von Männern abbilden. Das der Bericht überhaupt nicht auf Unterschiede in der Bezahlung von Frauen und Männern eingeht, ist aus berufsforscherischer Sicht definitiv eine Schwäche, mag im Hinblick auf den Beratungscharakter für Absolventinnen und Absolventen jedoch sinnvoll sein: schließlich sollen sich beide Geschlechter an einer einheitlichen Gehaltsvorstellung orientieren (equal pay). Zu den Geschlechter-Unterschieden siehe das Kapitel „Bildung hat Zukunft: Bildungsstudie 2017“ am Ende des Artikels.

Der Gehaltsreport 2016 für Berufseinsteiger in Deutschland mit einem Hochschulabschluss zeigt die durchschnittlichen Gehälter für Berufseinsteiger in Vollzeit, aufgeschlüsselt nach Anstellungsart, Branche, Berufsfeld, Region und Abschluss. Die Daten von Berufseinsteigern mit Hochschulabschluss und bis zu 2 Jahren Berufserfahrung stammen aus einer Online-Befragungen von StepStone der Herbste 2014 und 2015 unter Fach- und Führungskräften. Es wurden nur Angaben von Arbeitnehmern in Vollzeit berücksichtigt. Die Angaben beziehen sich auf den Bruttoarbeitslohn eines Jahres inklusive aller Zulagen.

Mir ist dieser Report erst jetzt aufgefallen, wann er veröffentlicht wurde ist den Veröffentlichungen nicht zu entnehmen, die downloadbare PDF ist im August 2016 erstellt worden.

nach Bundesland

Der Report zeigt eine Aufschlüsselung nach Bundesland. Für Designer sind diese nur sehr bedingt interessant:

Für Grafikdesigner / Mediendesigner und Designer mit kunstnaher Auslegung (Autorendesign) sei festgehalten, dass Berlin (38.251 €) im untersten Bereich und Hamburg (41.284 €) sowie Nordrhein-Westfalen (Köln, Düsseldorf) (42.949 €) im mittleren Bereich liegen.

Für Automotiv- und Industriedesigner ist interessant, dass Baden-Württemberg (45.630 €) und Bayern (44.575 €) im Topbereich liegen.

Die Spreizung geht von 35.727 € (Mecklenburg-Vorpommern) bis 45.630 € (Baden-Württemberg)

Ob jedoch diese Tendenzen für alle Branchen gelten, oder einzelne (z. B. designnahe) Branchen und Anstellungen sich von regionalen Trends abkoppeln, darüber schreibt die Studie nichts. Im Gegenteil ist aus anderen Studien auch davon auszugehen, dass für das Einstiegsgehalt in einer hochmobilen Gesellschaft nicht die Region zählt, sondern umgekehrt, die branchenüblichen Gehälter durch ihre Verteilung in den Regionen für die regionalen Unterschiede sorgen. In der weiteren Betrachtung werde ich die regionalen Unterschiede nicht mit einbeziehen, jedem Absolvent sei aber angeraten sich diese zur Information anzuschauen.

nach Branchen

Leider kann aus der Aufschlüsselung nach Branchen (so wie sie der Gehaltsreport vornimmt) nur indirekt etwas für das Design abgeleitet werden: die Branchen, in denen am ehesten Designer zu finden sind (oder dominierend auf das Gehaltsniveau einwirken) sind jedoch allesamt an unterster Stelle (oder Platz 1, 2 und 4 der „Flop“-Branchen, wie es im Report heißt):

Freizeit, Touristik, Kultur & Sport = 31.265 – letzter Platz (20 von 20)
Agentur, Werbung, Marketing & PR = 33.394 – vorletzter Platz (19 von 20)
Medien (Film, Funk, TV, Verlage) = 36.076 – viertletzter Platz (17 von 20)

Die Spanne geht von besagten 31.265 € („Freizeit, Touristik, Kultur & Sport“) bis zu 52.054 € („chemie- und erdölverarbeitende Industrie“). Die Branchen, in denen Designer üblicherweise arbeiten, ergeben grob ein Einstiegsgehalt, das 107% des Minimalen und  65% des Maximalen zeigt.

Sicher sind Designer auch in anderen Branchen tätig und werden dort eher branchenüblich bezahlt, aber auch innerhalb der Branchen gibt es je nach Abteilungen, Studienart und Abschluss große Spreizungen und hier wirken eben solche „designaffinen“ Branchen. Und sei es über Gehaltsvorstellungen der Bewerber, die sich natürlich am Bekanntenkreis (Erzählungen und Erfahrungsberichte von Kommilitonen, Professoren ect.) orientieren.

nach Studiengang

Erfreulicherweise listet der Report „Design“ als einen eigenen Studiengang unter 18 Studiengängen auf.

Design 33.518 – viertletzter Platz (15 von 18)

Das ist am untersten Ende der Spanne, die von 31.167 € (Geschichts- und Kulturwissenschaften) bis 52.036 € (Medizin und Zahnmedizin) geht. Der Studiengang, dem Designer üblicherweise zugerechnet werden, benennt ein Einstiegsgehalt, das 108% des Minimalen und 64% des Maximalen zeigt.

Auch bei dieser Aufschlüsselung wird es innerhalb der aufgeführten Studiengänge erhebliche Unterschiede geben. Dies gilt ebenso für „Design“, unter das viele individuelle, unterschiedliche Studiengänge fallen, von Mode bis Industrial Design. Automotiv Design wird aus Sicht der Gehälter sicher weit über Textildesign stehen. Aber als Abgrenzung und Differenzierung zu Medizin oder Ingenieurwesen ist die Betrachtung nach den aufgeführten Studiengängen hilfreich. Als Vergleich: auch Kinder- und Jugendpsychologen fallen unter „Medizin“ und werden weit unter Schnitt bezahlt.

nach Berufen

Der Gehaltsreport listet 11 verschiedene Berufsfelder auf. Diese sind (erste Zahl BA, zweite Zahl MA):

Finanz- und Rechnungswesen = 42.121 € = 47.327 €
Einkauf, Materialwirtschaft und Logistik = 41.357 € = 47.303 €
Ingenieurwesen = 44.545 € = 47.264 €
Informationstechnologie = 42.987 € = 45.576 €
Recht = 37.583 € = 44.660 €
Vertrieb und Verkauf = 40.542 € = 44.394 €
aturwissenschaften und Forschung = 38.302 € = 42.256 €
Human Resources = 38.479 € = 41.869 €
Marketing und Kommunikation 35.440 = 37.837 €
Design & Architektur 32.286 = 34.986 €
Bildung und Soziales = 30.684 € = 33.623 €

Designberufe liegen (nimmt man „Marketing und Kommunikation“ noch hinzu) also in den Berufsfeldern auf dem dritt- und zweitletzten Plätzen (9+10 von 11) und somit ebenfalls am untersten Ende der Spanne (32.286 € bis 42.121 € (BA) / 34.986 € bis 47.327 € (MA) ). Die Berufsfelder, in denen Designer üblicherweise arbeiten, ergeben grob ein Einstiegsgehalt, das 110% (BA) / 108% (MA) des Minimalen und 80% (BA) / 77% (MA) des Maximalen zeigt.
Leider gibt es im Gegensatz zu anderen Berufsfeldern wie Ingenieurwesen und IT keine detailliertere Aufschlüsselung der Berufsfelder, höchstens sind die Zahlen für den Bereich Marketing interessant (siehe S. 22 ff der PDF). Auch ist bei den Rückschlüssen und Quervergleichen zu den anderen Aufschlüsselungen anzumerken, dass es im Design deutlich weniger MAs und keine Promotionen gibt, als im Vergleich mit Medizin oder Ingenieurwesen.

nach Abschluss

Nicht im Gehaltsreport, aber auf den Seiten von StepStone (>> Gehaltstabellen/Studium & Abschluss) wird nochmal detaillierter nach Abschussart unterschieden. Es ist nicht ganz klar, ob im Gehaltsreport alle Abschlussarten einflossen, oder nur BA / MA, wie die Aufschlüsselung nach Berufen mit Unterscheidung BA / MA suggeriert. Auch ist die Datenbasis für die Aufschlüsselung nach Abschlussart auf der Webpage nicht vermerkt, es ist aber auf Grund von Quervergleichen davon auszugehen, dass es sich nicht um die Einstiegsgehälter handelt. Wenig verwunderlich sind die Zahlen:

Promotion = 65.708 €
2.Staatsexamen
Approbation
Diplom Uni / Master / Magister
= 58.736 €
= 57.815 €
= 56.156 €
Diplom FH / Bachelor = 55.585 €

Andere Quellen geben an, das sich das Einkommen zwischen FH- / Uniabschluss und Promotion 10 Jahre nach Berufseinstieg deutlich annähert.

Eine immer noch häufige Abschlussart für Designer ist der künstlerische Hochschulabschluss. Auf Grund seiner Marginalisierung im Vergleich anderer Abschlussarten in der allgemeinen Berufsforschung taucht er aber in keiner Quelle auf. Formal ist er (als Akademie- / Kunsthochschulabschluss) dem Diplom Uni / MA / Magister gleichgestellt. Für Designer kann man aber annehmen, dass sie mit diesem Abschluss im Angestelltenstatus bei größeren Firmen und Institutionen, in denen die Abschlussart für das Gehalt relevant ist, auf dem Gehaltsniveau von Diplom FH / BA eingestuft werden. Und sei es schlicht, weil im Personalwesen diese Abschlussart nicht bekannt ist. Beispielsweise ist mir ein Fall bekannt, bei dem für eine Bewerbung auf eine Professur eine Bescheinigung gefordert wurde, dass der nachgewiesene künstlerische Hochschulabschluss dem MA gleichgestellt sei.

Zahlen von gehalt.de

Auf der Website gehalt.de erhält man bei der Suche nach „Design“ (ohne Ortsangabe) ein Ergebnis, das auf 1.572 Gehaltsdatensätzen beruht. Das Bruttojahresgehalt ist mit 36.096 – 47.574 € angegeben. Die Liste mit 200 detaillierten Datensätzen listet jedoch ausschließlich User Interface Design, UI-Design, UX-Design, Web Design, UI Design … auf.

Es handelt sich hierbei nicht um Einstiegsgehälter, sondern Gehälter generell. Man kann jedoch die Liste mit detaillierten Datensätzen durchforsten und sich an den Angaben zu Berufserfahrung etc. orintieren.

Sucht man nach detaillierteren Begriffen (statt nach „Design“), erhält man folgende Ergebnisse:

„Modedesign“ 30.444 – 48.433 € 116 Gehaltsdatensätze
„Industriedesign“ 33.009 – 47.574 € (Achtung: umfasst auch den Lehrberuf „Technischer Produktdesigner“) 743 Gehaltsdatensätze
„Möbeldesign“ keine sinnvolle Aussage, da in Detailliste fast ausschließlich „Modedesign“ gelistet
„Automotive Design“ keine sinnvolle Aussage, da jede Menge Entwicklungsingenieure etc. dabei sind

Die Antworten sind aber (wie in der Tabelle z. T. ersichtlich) wenig aussagekräftig. Zum Vergleich dann noch:

„Ingenieur“ 45.910 – 73.457 € 14.023 Gehaltsdatensätze
„Chemieingenieur“ 48.433 – 82.740 € 263 Gehaltsdatensätze
„Marketing“ 35.680 – 51.929 € 8.076 Gehaltsdatensätze
„Arzt“ 71.136 – 121.083 € 4.342 Gehaltsdatensätze

Praktikantengehälter

Laut dem seit 2010 jährlich erscheinenden „Praktikantenspiegel“ >>Praktikantenspiegel 2016 als PDF, erstellt von der Unternehmensberatung Clevis in Kooperation mit der Jobbörse Absolventa und der Universität Magdeburg, liegt der Verdienst 2016 im Schnitt bei 1.032 € pro Monat. Grundlage sind 6.262 bewertete Praktika (Umfrage). Auf S. 32 sind die Gehälter zwar nach Branchen aufgeführt, sie lassen sich jedoch nicht sinnvoll nach „Design“ analysieren. Das ist in den meisten Fällen aber richtig, denn die Gehälter richten sich nach den Gepflogenheiten der Branchen. Lediglich für das gängige Praktikum bei einer Design-Agentur ist es schwierig zu entscheiden, welche Zahlen man als Anhaltspunkt nimmt. So ist die Aufteilung für die meisten Leser sinnvoll, lediglich dem Berufsforscher verwehren sich konkrete Aussagen, die Rückschlüsse auf den Stand der Disziplin zuliessen. Auch die auf S. 18 aufgeführten Fächergruppen, lassen zwar keine Zuordnung von „Design“ zu. Auf Nachfrage erklärten die Autoren, Design den Kunstwissenschaften (1,53% der bewerteten Praktika) zugeordnet zu haben.

Insgesamt haben sich die Praktikantengehälter nach Einführung des Mindestlohnes am 1. Januar 2015 massiv gesteigert, auch für jene Praktikanten, die nicht unter die Mindestlohnregelung fallen. Der Mindestlohn von 8,50 €/h gilt für Praktikanten, wenn das Praktikum die Dauer von drei Monaten überschreitet und kein Pflichtpraktikum im Sinne der Studien- und Prüfungsordnung ist. Solche Praktikanten verdienten 2016 im Schnitt 1.240,18 € pro Monat.

Eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds DGB für 2011 zeigte ein deutlich negativeres Bild: damals arbeiteten 40% der Praktikanten unbezahlt und die, die bezahlt wurden, erhielten im Schnitt 551 €. In den Bereichen Kunst und Kultur waren 66% ohne Verdienst. Laut Praktikantenspiegel waren 2016 nur noch drei Prozent aller Praktikanten unbezahlt. Die Situation hat sich also für Praktikanten stark verbessert.

„Bildung hat Zukunft: Bildungsstudie 2017“

Das Ifo-Institut hat eine Studie im Auftrag der Fondsgesellschaft Union Investment durchgeführt, welche am 29. März 2017 veröffentlicht wurde. >> Pressemitteilung und weitere Infos inkl. Downloads bei Union Invest Diese untersucht das Lebenseinkommen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren mit Fokus auf Zuwachs durch Bildung, meist im Vergleich zur Berufsausbildung (Lehre). Hierbei wurden die Kosten der Ausbildung abgezogen.

Die Studie schlüsselt sehr detailreich nach unterschiedlichen Fachrichtungen, Geschlecht, Abschlüssen (Berufsabschluss / Lehre, Techniker / Meister, Fachhochschulstudium, Universitätsstudium, erster und zweiter Bildungsweg), Regionen und Lebensalter bei Abschluss auf.

Neben Erkenntnissen, wie „Bildung lohnt sich“ (sic!) enthält sie auch lesenswerte Details, sie sich auf umfangreiches Datenmaterial stützt. Design ist nicht aufgeführt (kein einzige Verwendung in der 58-seitigen Studie), jedoch Kunst, -wissenschaft (wörtlich) und es ist anzunehmen, dass Designer hier einsortiert wurden. Bei der Differenz des Lebenseinkommens nach Studium und nach dem Durchschnitt Lehre / Berufsausbildung (Basis 600.000 €) liegt Kunst, -wissenschaft an vorletzter Stelle (von 13), nur noch unterboten von Sozialarbeit.

Interessant ist bei dieser Aufstellung die Trennung zwischen Frauen und Männern.

Vorab muss einschränkend zu den Zahlen gesagt werden, dass die geschlechterspezifischen Zahlen mit der geschlechterunspezifischen Basis verglichen werden. Konkret: eine Frau mit Hochschulabschluss in Wirtschaftswissenschaft verbessert sich nur um 247.972 € gegenüber allen Menschen in Deutschland mit Berufsausbildung, gegenüber Männern mit 529.402 €. Die selbe Frau ist aber bereits mit einer Berufsausbildung im Gegensatz ohne Berufsausbildung im Bereich Finanzen, Banken, Versicherungen mit 263.262 € bereits deutlich gegenüber den Männern mit 485.744 € im Hintertreffen.

Auch muss vorab gesagt werden, dass bei den geschlechter- und fachspezifischen Daten auf Grund der Datenbasis kein Unterschied mehr zwischen Universitäts- und Fachhochschulstudium und zwischen erstem und zweiten Bildungsweg gemacht werden konnte.

Die geschlechterspezifischen Zahlen für Hochschulabsolventen als Tabelle:

Lebenseinkommen in €
(gegenüber Berufsausbildung/Lehre)
Frauen Männer gesamt
Universitätsstudium * 280.000 487.000 387.000
Fachhochschulstudium * 161.000 320.000 267.000
Kunst, -wissenschaft 79.548 73.775
Meister-/Technikerabschluss 130.000

* erster Bildungsweg

Positiv ist also, dass (gemessen am Lebenseinkommen) in dem Bereich, dem Design zugeschrieben wird, equal pay nahezu erreicht ist, mit leichtem Vorteil für Frauen. Schlecht ist, dass Frauen ausschließlich in den letzten 4 Bereichen (von 13) vorne liegen und dort auch nur leicht. Im Schnitt bedeutet das die oben stehenden horrenden Abweichungen für die Zahlen über alle Fachrichtungen.

Zu den Unterschieden schreibt die Studie: Mögliche Gründe für diesen Unterschied dürften wiederum im höheren Anteil von Frauen in Teilzeitbeschäftigung und im tendenziell geringeren Lohnsatz von Frauen liegen. Aha.

Sehen wir vom Geschlecht ab, ist der Bereich Kunst, -wissenschaft eher mau. Ein Arzt liegt mit einem Vorteil von 983.038 € an der Spitze, das ist mehr als zehnmal so viel. Statistisch hat man zwar den Vorteil der geringeren Gefahr von Arbeitslosigkeit getroffen zu werden, aber im Vergleich zu Technikern und Meistern (die auch ausgewertet wurden), liegt man weit zurück. Selbst bei einer Prüfung im Alter von 45 Jahren ergibt sich noch ein Vorteil von 53.641  € und damit mehr, als für ein Hochschulstudium im Bereich Kunst, -wissenschaft. Dabei muss man zusätzlich bedenken, dass ein spätes Studium, oder ein Studium über den zweiten Bildungsweg die Zahlen zusätzlich nach unten abweichen lassen.

Fazit

Nach jeder der Betrachtungsweisen, Aufschlüsselungen liegen Designer mit ihren Einstiegsgehältern am untersten Ende. Nimmt man jedoch die Zahlen für Designer aus üblicher Branche, üblichen Studienabschlüssen und üblichem Berufsfeld zusammen, wird erst klar, wie die Lage wirklich ist: ein Designer kann mit einem Gehalt rechnen, das 108% des unteren, aber nur 69% des oberen Einstiegsgehalts beträgt. In Beträgen liegt der Designer rund 2.600 € vor dem schlechtesten Jahresverdienst, aber deutliche 15.500 € hinter dem besten. Dies gilt bei einer konservativen Rechnung über die Mittwerte: Mittelwert übliche Branche, Studienabschlüsse, Berufsfeld für Design gegenüber Mittelwert aus schlechteste bzw. beste Branche, Studienabschlüsse, Berufsfeld.

Rechnet man jedoch über die Mittelabweichungen der einzelnen Aufschlüsselungen (und schätzt damit den üblichen Designer gegenüber dem Spitzenstudium im Spitzenjob in der Spitzenbranche) so wird erst die Dramatik deutlich: der Designer hat ein Einstiegsgehalt, dass sich wenig vom schlechtesten Fall abhebt, aber nur bei 33% des Maximalen liegt. Anders ausgedrückt: ein Absolvent mit strategischer Wahl verdient als Einsteiger dreimal so viel, wie ein Designer.

Nähme man noch die Abschlussart hinzu und gehe davon aus, dass eine Promotion rund 10.000 € mehr an Jahresgehalt gegenüber einem BA bringt, sind die Gehaltsaussichten nochmals getrübt. Im Design (als Beruf) gibt es keine Promotion, so einfach. Wer mit einem Designstudium promoviert ist aktuell nicht Bestandteil dessen, was am Arbeitsmarkt unter der Berufsbezeichnung Designer angestellt wird. Eine Promotion ist für den Designer, der eine Anstellung sucht, keine gehaltssteigernde Qualifikation, in dem Sinne, wie sie es für einen Ingenieur, Mediziner oder Naturwissenschaftler ist.

Nun, wer einen Einblick in die Praxis hat, wird die eh schon schlechten Zahlen nochmals massiv hinterfragen: es scheint bei der Online-Umfrage haben sich die „normalen“ Designeinsteiger nicht angesprochen gefühlt (Fach- und Führungskraft?). Anders kann ich mir nicht zusammenreimen, wie angesichts all‘ der Trainees und Juniordesigner mit Praktikantengehältern (600 € / Monat als Einstieg sind mir bekannt), der Festen-Freien und (Schein-)Selbstständigen mit Wetten-auf-die-Zukunft-Entlohnungen und den Start-Up-Entrepreneurs der Kreativszene solch relativ hohen, angeblichen Jahresgehälter herauskommen. StepStone schreibt ja ausdrücklich, dass es sich nur um Zahlen von abhängig Beschäftigten in Vollzeit handelt: damit ist der Arbeitsmarkt für Designer nicht abbildbar. So bilden die Zahlen meiner Erfahrung nach höchstens die Einstiegsgehälter der Festangestellten in größeren Firmen ab.

Die Zahlen aus „Bildung hat Zukunft: Bildungsstudie 2017“ sprechen noch mal eine andere Sprache: auch wenn die Zahlen nicht konkret genug für Design sprechen, so ist doch davon auszugehen, dass für Design die Regeln der Fachrichtung Kunst, -wissenschaft gelten: Eine Meister / Technikerausbildung lohnt sich finanziell mehr und hat das gleiche, geringe Arbeitslosenrisiko wie im Design. Auch hat der Hochschulabschluss im Design häufig nicht den Vorteil gegenüber den Meistern, den andere Absolventen haben, nämlich die Sicherheit der Anstellung: Designer sind immer noch in großem Umfang selbstständig.

Was tun?

Für Hochschulbeschäftigte: denken Sie über den Beruf, die Ausbildungsinhalte und -ziele nach. Wenn der ach so angesagte und selbstbewusste Beruf finanziell für die „sich berufen Fühlenden“ eine solch‘ schlechte Entscheidung ist, stimmt etwas mit dem Berufsbild nicht. Unsere Gesellschaft hypt kreative Macher und Entscheider … der entsprechende Beruf schafft es aber nicht daraus Kapital zu schlagen?

Für Studieninteressierte und Hochschulplaner: Schockierend sind speziell die Zahlen der Bildungsstudie 2017 zum Lebenseinkommen: ein Studium hat anscheinend Nachteile gegenüber einem Meister. Für junge Menschen mit Berufsausbildung in designnahen Fächern, wie z. B. Schreiner, Fotograf, Mediendesigner (Fachschule) ist ein Studium (finanziell, Arbeitslosigkeit) die eindeutig schlechtere Wahl, gegenüber dem Gestalter im Handwerk, Fotografenmeister oder anderen Meisterprüfungen. Und selbst im Vergleich zur Berufsausbildung: der Vorteil ist übers Leben so gering, dass das Studium als Wagnis gegenüber Berufsausbildungen in Tarifverträgen (z. B. Technischer Produktdesigner) mehr bieten muss, als der geringe, in der Studie ausgewiesene Mehrwert. Das Risiko der Arbeitslosigkeit, das nur über ganz Deutschland und allen Fächern einen Unterschied von ca. 2,5 % (arbeitslose Akademiker) gegenüber knapp 7 % aufweist, müsste man fachspezifisch genauer untersuchen: so kann man keine pauschale Empfehlung für das Studium abgeben. Was ist also der Mehrwert eines Studiums in Design gegenüber einer Berufs- / Meisterausbildung?

Für Absolventen: lesen Sie den Gehaltsreport für Einstiegsgehälter vor Bewerbungen (und auch alternative Quellen). Vielleicht vor Studienortswahl, denn erfahrungsgemäß bleibt man am Studienort hinterher gerne hängen. Wenn Sie Gehaltsforderungen stellen, richten Sie sich eher nach der Branche oder der Region, statt nach dem Beruf. Orientieren Sie sich bei einer Firma der Medizintechnik an der Branche und an den Berufen / Studiengängen, die dort hauptsächlich arbeiten. Industriedesigner sollten sich (bei entsprechenden Firmen) eher an Ingenieuren ausrichten. Lassen Sie sich nicht auf das Niveau Ihrer Bekannten in Selbstausbeutung / Start-Ups ein: wer bei einer größeren Firma (ab ca. 20 Beschäftigte – Agenturen ausgenommen) anfängt, orientiert sich an dem Berufsmix, der dort arbeitet: warum sollte der Kollege Maschbau deutlich mehr verdienen, als Sie? Bei Agenturen, die hauptsächlich Designer beschäftigen, sollten die Zahlen des Reports herhalten: besser die, als sich mit Praktikanten vergleichen.

Bei Praktikumssuche: auch hier sollten sich Praktikanten selbstbewusst an den im Praktikantenspiegel genannten, branchenüblichen Werten ausrichten. Designagenturen lassen sich den Branchen oft schlecht zuordnen, so halten Sie sich im Zweifel an den Gesamtschnitt. Und fordern Sie mindestens die Gesetzeslage ein, falls das Praktikum unter die Mindestlohnregelung fällt.

Zum hauptsächlich zitierten Gehaltsreport selber: Trotz der genannten Schwächen ist der Report nützlich, denn es gibt nicht viele Gehaltsreporte, in denen Design überhaupt explizit erwähnt ist. Ich werde weitere suchen und auf designdiadktik.de vorstellen. Ich bitte um Hinweise, gerne auch in Form von Kommentaren (auf Wunsch anonymisiert per Mail an mich) mit Erfahrungsberichten.

Der StepStone Gehaltsreport 2016 für Absolventen
>> Übersichtsartikel auf StepStone.de
>> Downloadseite mit Kurzinfos
>> Direktdownload der PDF

„Bildung hat Zukunft: Bildungsstudie 2017“ Ifo-Institut im Auftrag der Fondsgesellschaft Union Investment
>> Pressemitteilung und weitere Infos inkl. Downloads bei Union Invest
>> „Bildung hat Zukunft“ Direktdownload der Studie als PDF

Weitere Quellen und Artikel:

>> Fotografin: „Der Markt ist überschwemmt mit Amateuren“ Gehaltsreport auf ZEITCampus

Philip Zerweck

Autor, Produktentwickler, Designlehrer und Designwissenschaftler

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