Modelle für das Lehren / Lernen des Entwerfens
“Modelle für das Lehren / Lernen des Entwerfens
M1 Das “erbdeterministische” Modell
Das Entwerfen läßt sich nicht lernen, man “hat” es oder “man hat es nicht”. Die Schule stellt nur fest, wer es kann oder nicht kann. Um Irrtümer zu minimieren, wird die Meinung verschiedener Lehrer aggregiert. Dieses erbdeterministische Modell geht davon aus, daß es “Anlagen”, eine “künsterische Begabung” gibt, die “entwicklungsfähig” ist, wenn sie in das richtige Klima gerät. Ein Lehrer assistiert dabei höchstens in der Funktion einer Hebamme.
M2 Das “autodidaktische” Modell
Man lernt das Entwerfen nur für sich allein, autodidaktisch. Auf keinen Fall lernt man es an einer Hochschule oder Universität. Dafür gibt es in der Designergeschichte, auch in der Architekturgeschichte, einige ganz außergewöhnliche Beispiele.
M3 Das “ostentative” Modell
Man lernt das Entwerfen an Beispielen: so ist es gut – so schlecht, ja, wenn du das so machst, dann muß …; hier muß das kräftiger werden …; warum versuchst du das nicht so …? Der Lehrer verweist auf gute und schlechte Beispiele, auf Vorher-Nachher-Situationen usw.
M4 Das “Über-die-Schulter-Schauen” Modell
Man lernt das Entwerfen durchs “Über-die-Schulter-Schauen”. Man schaut, wie einer, der das kann, vorgeht und versucht, es ihm gleichzutun. Man lernt durch das Mitmachen, durch die Mitarbeit bei einem Könner. Am wirkungsvollsten ist es, wenn es sich dabei um ein reales Projekt handelt.
M5 Das “learning by doing” Modell
Man lernt es, indem man es, wo immer möglich und so oft wie möglich, an den unterschiedlichsten Problemen ausübt, einübt. Immerfort, intensiv und konzentriert. Indem man schrittweise Erfahrungen sammelt, sich mit anderen darüber auseinandersetzt, indem man sich Wissen und Einsichten in Zusammenhänge erwirbt und in seinen Urteilen zunehmend sicherer wird.
M 6 Das “methodisch / systematische” Modell
Man lernt das Entwerfen, indem man sich das “Wissen des Entwerfens” systematisch und mit entwurfsspezifischen Methoden aneignet, sich klarmacht, was Entwurfsprobleme sind, wie sie sich unterscheiden von anderen Problemen und welches Wissen und welche Fähigkeiten nötig sind, um sie wirkungsvoll zu bearbeiten. Indem man exemplarisch solche Probleme löst und dabei seine Stärken und Schwächen erfährt.
M 7 Das Modell des “göttlichen Funkens”
Man hofft und wartet. “Den Seinen gibts der Herr im Schlaf.”
M8 Das “Emphatie” Modell
Man wird von einem verehrten Meister, den man liebt und fürchtet, aufgenommen. Er überträgt sein Können in einem langwierigen Prozeß, der durch Himmel und Hölle führt. Wenn man das übersteht und wenn man auf dem Weg dahin nicht ausgespien und in die Gosse gestoßen wird, gelingt es eines Tages, dem Qualitätsanspruch des Meisters gerecht zu werden. Man geht wie er, trägt die gleiche Fliege wie er, redet und gestikuliert wie er und ist auf wundersame Weise selbst zum Meister geworden.”
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Dieser Beitrag ist dem Skript der Lehrveranstaltung “Einführung in die Grundlagen und Methoden des Planens und Entwerfens” von Prof. Hans Dehlinger entnommen. Dehlinger selber schreibt auf seiner Homepage zu dieser Veranstaltung, die er bis 2004 hielt: “Die Lehrveranstaltung ist für Studierende des Produkt-Design konzipiert (…) . Obwohl ursprünglich nur als Pflichtfach für Designer vorgesehen, ist die Lehrveranstaltung seit einigen Jahren in den Aufbaustudiengang Innovationsmanagement integriert, und sie kann ebenfalls von Studierenden anderer Fachbereiche (z.B. Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung u. a.) belegt werden. Der Stoff der Vorlesung geht inhaltlich auf den Kurs Arch 130 (Rittel und Protzen) der Architekturabteilung der University of California, Berkeley, und der entsprechenden Lehrveranstaltung an der Universität Stuttgart (Rittel) zurück. Ich hatte über viele Jahre das Privileg, an beiden Universitäten in dieser Lehrveranstaltung mitzuwirken.” Die benannten Kurse in Berkley und Stuttgart wurden in den 70er Jahren gehalten. Der Autor selber hat 1994 an der Lehrveranstaltung als Student und später als Mitarbeiter teilgenommen.
Skript der Veranstaltung hier >>, Verfasser Prof. Hans Dehlinger, Ph.D., zuletzt aufgerufen am 22.10.2013
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